Klassenstandpunkt gegen Prostitution
Anmerkung des Englisch-Übersetzers: Venstre ist eine liberale zentristische Partei in Norwegen und wird als die „Linke Partei“ bezeichnet. Rødt und SV sind die Rote Partei und die Sozialistische Linke Partei. Diese sind beide sozialdemokratische Parteien in Norwegen.
Proletarischer Feminismus – die rote Linie für Frauenkampf – kämpft gegen Prostitution und gegen den Liberalismus in dieser Frage. Dies ist eine Linie, die dem Klassenstandpunkt für das Proletariat entspringt und für die Revolution gegen das System steht.
Liberaler und der sogenannte „Sexarbeit-inklusive“ Feminismus
Mehrere Jahre lang schloss sich der junge Flügel der Linkspartei, der Jungen Liberalen Norwegens, denTreffen des Komitees zum 8. März in Oslo an. Hier haben die Liberalen als Befürworter dessen, was sie selbst „liberalen Feminismus“ nennen, gedient. Im Zentrum dieser Idee steht, dass die individuelle Freiheit die größte Tugend ist – auch im Feminismus. Mit diesem Gedanken haben sie den radikalen Feminismus und die Linie des 8. März-Komitees zur Kriminalisierung von Sex als Ware angegriffen.
Im Jahr 2018 erhielten die Liberalen Unterstützung von anderen, die sich einem ähnlichen Liberalismus annäherten. Diese Anhänger wünschen sich einen Feminismus, der „Sexarbeit-inklusiv“ ist und sich damit gegen die Verwendung des Wortes „Prostitution“ wendet. Dies spiegelt eine identitätspolitisch orientierte Richtung wider, die in den USA seit vielen Jahren eine klare Position innehat. Es ist bemerkenswert, dass dies keine Position unter den Massen ist, sondern eher unter linken Intellektuellen und politischen Zusammenhängen. Dieser Gedanke hat viele beeinflusst und wurde von vielen kritisiert, dringt aber heute aufgrund des westlichen Einflusses in norwegische Umgebungen ein.
Proletarischer Feminismus gegen Prostitution
Ein proletarischer Feminismus – eine rote Frauenbewegung – entstammt einer anderen Tradition als dem liberalen und radikalen Feminismus. Er stammt aus dem Marxismus. Die Grundlage für diese rote Linie für den Kampf der Frauen liegt Klassenperspektive und Materialismus. Wenn man „Freiheit“ sagt, möchten wir die Nachfolgefrage „für wen?“ stellen. Für wen gibt es Freiheit, wenn Prostitution legalisiert wird? Es ist die Freiheit für Männer mit Geld, Zugang zu den Körpern anderer zu kaufen. Und es ist die Freiheit für arme Frauen und Drogensüchtige, sich zu verkaufen. Doch letztere haben bereits diese „Freiheit“, denn in Norwegen ist nur der Kauf von Sex kriminell, während die Prostituierte keine Gesetze bricht. Das ist natürlich gut und die Kriminalisierung der Prostitution ist völlig falsch. Welche Klasse profitiert am meisten davon, wenn Zuhälter und Kunden freie Bahn bekommen?
Liberaler Feminismus hat eine kleinbürgerliche Klassenperspektive
Liberale Feministinnen spielen mit dem liberalen Mythos über die Autonomie des Individuums und dem Mythos der „fröhlichen Nutte“. Ihr Ideal sind Luxusprostituierte, die gut verdienen und keine Zuhälter haben. Solche, die ihre eigenen Kunden wählen und suspekte Kunden mit bedrohlichem Blick oder den Betrunkenen ablehnen können. Die die Namen und vielleicht den Wohnort ihrer Kunden kennen, und dadurch ein völlig anderes Leben führen als Frauen im Menschenhandel, Drogenabhängige und arme, verzweifelte Frauen, die keine andere Wahl haben als Prostitution. Wir glauben jedoch, dass die Prostitution für diejenigen, die daran teilnehmen, negativ ist; selbst diejenigen, die relativ gesehen nicht in der schlechtesten Position sind.
Das Individuum, die Gesellschaft und die Klasse
Wir wollen keine Moralpredigten halten, wenn wir sagen, dass Prostitution bekämpft werden sollte. Dies ist kein Vorwort zu einer Debatte darüber, was Menschen wollen oder nicht mögen sollten. Wir glauben und wissen und respektieren, dass Menschen unterschiedliche Wünsche und unterschiedliche Beziehungen zu ihren eigenen Körpern haben. Wir glauben aber auch, dass der Kauf und Verkauf von Sex und Körper die Ideologie und Kultur einer Gesellschaft beeinflusst. Wir glauben, dass es die Art beeinflusst, wie wir die Körper von Frauen betrachten, wenn wir wissen, dass man Zugang zu ihnen kaufen kann. Und wir glauben, dass dies Hand in Hand mit Gewalt gegen Frauen geht. Wir behaupten, dass Prostitution Gewalt gegen Frauen ist. Nicht nur einzelne Frauen, sondern Frauen als eine Gruppe von Menschen in dieser Gesellschaft, insbesondere die ärmsten und am stärksten systemgefährdeten Frauen. Der Fokus liegt hier auf Frauen, aber wir wollen nicht sagen, dass der Verkauf von jungen Männern besser ist.
Prostitution, Gesundheit und Stigmata
Die Folgen für Prostituierte sind oft gravierend. Studien und Forschungsergebnisse legen nahe, dass sehr viele Prostituierte ein Trauma entwickeln oder sich ihre bereits bestehenden Traumata verschlimmern. Diejenigen, die behaupten, dass die Prostitution nur ein Job ist, wie jeder andere auch, schauen darüber hinweg. Manche behaupten, dass es die Stigmatisierung der Prostitution ist, die die meisten psychologischen Probleme verursacht, aber man entfernt das Stigma nicht durch die Liberalisierung.
Proletarischer Feminismus für Rote Macht
Liberalismus, Individualismus und Postmoderne bieten leere Machtversprechen. Sie sagen, dass Frauen die Macht haben, indem sie frei tun können, was sie wollen. Aber wir wissen, dass die wirkliche Macht nicht durch individuelle Freiheiten im Kapitalismus, sondern durch starke Kollektive und kollektiven Kampf entsteht. Wirkliche Macht kann nur gewonnen werden, wenn wir ein System zerschlagen, das in seinem Wesen das Proletariat unterdrückt und ausbeutet. Wie Mao sagte, erwächst die politische Macht aus den Gewehrläufen, und diese Einsicht muss Konsequenzen haben, wie Frauen sich organisieren, um die Macht zu übernehmen und sich zu befreien. Freiheit im Kapitalismus ist wie immer die Freiheit für die Reichen; zu kaufen, was sie wollen, und die Freiheit für die Armen, den Reichen zu frönen, oder hungrig unter einer Brücke schlafen zu gehen.
Einige Fakten:
Forscher berichten, dass es durch die Abschaffung des Sexkaufs weniger Prostituierte und weniger Menschenhandel gibt: https://www.dagsavisen.no/innenriks/forsker-sexkjoploven-virker-1.278389 (in Norwegian, original document can be found here)
Ein Auszug aus einer Masterarbeit über Prostitution https://brage.bibsys.no/xmlui/bitstream/handle/11250/184230/Veesalu_Helen.pdf?sequence=1 (in Norwegian)
“ Bis zu 96% derjenigen, die in der Prostitution sind, möchten gehen, aber fühlen, dass sie es nicht können. Sie sind in ihrer Angst gefangen (The A21).”
„Wenn es um die psychische Gesundheit geht, besteht kein Zweifel daran, dass die Lebenssituation dieser Frauen Raum für unterschiedliche Ausdrucksformen psychischer Probleme schafft. Nachdem Frauen die Prostitution verlassen haben, kann man feststellen, dass viele posttraumatische Belastungsstörungen und ihre Symptome haben. Körperlich haben sie oft chronische Muskelschmerzen. “
„Viele glauben extrem fest daran, dass Prostitution nur für eine kurze Zeit möglich ist, man dann aber aufhören kann, damit sie die geistige Gesundheit nicht beeinträchtigt. Vielleicht ist das, was Informanten, die direkten Kontakt mit Frauen hatten, am deutlichsten sehen, ist eine psychologische Belastung in der Prostitution; viele leiden unter Schlafproblemen, Problemen im Zusammenhang mit ausreichend Essen und der Stress ist hoch. “
“ Sich zu prostituieren ist ein Problem für sich selbst, weil du deine eigene Persönlichkeit unterdrückt und anderen erlaubst, dich sexuell, physisch und psychisch auszubeuten. Studien zeigen, dass Prostituierte unter Traumata leiden, ähnlich wie Kriegsgefangene, Vergewaltigungsopfer und Folteropfer. Prostitution ist Gewalt, weil sie die menschliche Persönlichkeit zerstört und die Person auf die unterste Stufe der Gesellschaft stellt (Pajumets, 2004).”
“ Die Erfahrung von Autorin und Therapeutin Odile Poulsen besagt, dass 90% der Frauen, die sie in Dänemark bei der Prostitution kennengelernt hat, sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren, bevor sie begannen. Niemand verkauft sich ohne ernsthafte Gründe dafür (Poulsen, 2006).”
Psychologin Audhild Sinnes schreibt http://www.psykologtidsskriftet.no/index.php?seks_id=321144&a=3:
Studien von verschiedenen Orten auf der Welt verbinden die psychische Symptomatik mit dem Sexhandel. Eine Studie aus Nepal zeigte bei Frauen, die sexuell ausgebeutet wurden, ein höheres Maß an Depression und PTBS als bei Frauen, die auf andere Weise ausgebeutet wurden (Tsutsumi, Izutsu, Poudyal, Kato & Marui, 2008). Eine griechische Studie zeigte, dass Frauen, die in der Sexindustrie missbraucht wurden, eine höhere Inzidenz von Dissoziation, Depression, Scham und negativem Körperbild aufwiesen als andere Frauen, die Opfer von Missbrauch wurden (Antopoulou, 2006). Eine australische Studie zeigt komplexe traumatische Erfahrungen unter Straßenprostituierten, zusammen mit einem höheren Grad an PTBS als die Allgemeinbevölkerung (Roxburgh, Degenhardt & Copeland, 2006). Cathy Zimmerman ist die führende Forscherin für die Misshandlung von Frauen und die Gesundheit von Frauen. Ihre Forschung zeigt eine klare Beziehung zwischen Prostitution in der Sexindustrie und multiplen psychologischen und somatischen Symptomatiken zu ernsten Graden(Zimmerman et al., 2003; Zimmerman et al., 2006; Hossain, Zimmerman, Abas, Light & Watts, 2010).
Studien in mehreren Ländern zeigen einen Zusammenhang zwischen posttraumatischem Stress und Prostitution: http://news.bbc.co.uk/2/hi/health/154140.stm
Source: https://tjen-folket.no/Sentralt/view/12646
Translation: http://jugendwiderstand.blogspot.nl/2018/03/klassenstandpunkt-gegen-prostitution.html